Besuch beim anthroposophischen Pflegedienst Sophia in Mannheim am 15.10.2018

Am Montag, den 15.10.2018 besuchten wir (Ute Seibert, Birgit und Reinhold Kirch) erneut den Pflegedienst Sophia in Mannheim. Unser letzter Besuch lag über 2 Jahre zurück und unser Interesse galt der Frage, was sich in dieser Zeit beim Pflegedienst Sophia verändert hat.

Nach ca. 2 Stunden Fahrt erreichten wir unser Ziel zur angekündigten Zeit um 10.00 Uhr. Herr Christoph Prange (Pflegedienstleiter) und Frau Nicole Billett (Verwaltungsfachkraft) empfingen uns herzlich in den schönen Räumen des Pflegedienstes.

Bei einer kurzen Vorstellungsrunde erfuhren wir, dass Herr Prange im letzten Jahr die Pflegedienstleitung von Frau Annette Heizmann übernommen hat, die inzwischen im Aja-Textor-Haus in Frankfurt arbeitet. Herr Prange hat seine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger 2009 beendet und mit einem Staatsexamen und einer Ausbildung an der "Freien Krankenpflegeschule an der Filderklinik" mit Fachschwerpunkt "Anthroposophisch erweiterte Pflege" erweitert. Darüber hinaus hat er sein Wissen und seine Fähigkeiten durch Fortbildungen und Fachweiterbildungen im Bereich der anthroposophisch erweiterten Pflege vervollkommnet und gilt inzwischen als Experte für die Entwicklung neuer Organisationsstrukturen nach Frederic Laloux, was auch die Grundlage für das von uns schon früher angesprochene Modell „Buurtzorg“ in den Niederlanden ist. (siehe auch auf der Internetseite unseres Vereins: http://www.anders-alt-werden.de/aktuelles/berichte/ambulante-pflege-neu-gedacht/)

Wir schilderten dann zunächst die Situation unseres Vereins. Insbesondere den Aufbau unseres Besuchsdienstes, der seit der 2. Qualifizierungsmaßnahme im Jahr 2017 zum Anfang des Jahres 2018 so richtig ins Laufen gekommen ist. 11 bis 12 Klient*innen werden momentan von ebenso vielen Helfer*innen besucht und das, ohne eine große Werbeaktion gemacht zu haben. Da die Nachfrage nach unserem Besuchsdienst steigt, wollen wir im neuen Jahr erneut eine - dann dritte - Qualifizierungsmaßnahme starten, die uns hoffentlich Zulauf zum Verein und zum Helferkreis bringt.

Im Anschluss daran, antworteten Herr Prange und Frau Billett bereitwillig und sehr ausführlich auf unsere Fragen.

Seit letztem Jahr schreibt der Pflegedienst Sophia schwarze Zahlen, was nicht zuletzt der sehr qualifizierten Verwaltungskraft Frau Nicole Billett zu verdanken ist, die über große Erfahrung im Abrechnungswesen verfügt und konsequent Rückstände bei den Pflegekassen und Klient*innen eintreibt. Entscheidend war wohl außerdem die Überarbeitung der Tourenpläne und die Anweisung, dass auch examinierte Pfleger*innen kleinere Aufgaben im Bereich der Hauswirtschaft erledigen können, so dass dann Klient*innen nicht zweifach angefahren werden mussten. Heute kann der Pflegedienst nicht nur schwarze Zahlen vorzeigen, sondern sogar Rücklagen bilden, die letztlich auch den Mitarbeiter*innen per Fortbildungen/Weiterbildungen zu Gute kommen.

Momentan verfügt der Pflegedienst Sophia über 17 Mitarbeiter, davon 6 examinierte Pfleger*innen, weitere 8 Kräfte in der Pflege Tätige und 3 Hauswirtschafter*innen. Frau Billett als einzige Verwaltungskraft und Herr Prange (Pflegedienstleitung).

Hilfreich ist auch die Mitgliedschaft im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV), weil man dadurch die Finanzverhandlungen mit den Pflegekassen dem großen Verband überlassen kann. Wichtig ist es, die Einzugsgebiete für Klient*innen zu definieren, weite Anfahrten gilt es zu vermeiden.

Sophia bietet seit neuestem Fortbildungen zur „Rhythmischen Einreibung“ an. In diesem Zusammenhang hat Rolf Heine Herrn Prange ermutigt, In-House Weiterbildungen zur „Anthroposophischen Pflege“ anzubieten, denn momentan arbeiten nur 3 Pfleger*innen mit entsprechender Qualifikation in anthroposophischer Pflege. Hier wäre auch eine Zusammenarbeit mit unserem Verein vorstellbar und machbar.

Was die Organisation und die Struktur des Pflegedienstes betrifft, lässt sich Herr Prange von den Ideen („Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit“) des Frederic Laloux und der „Integralen Theorie“ leiten. (1)

Einige Eckpunkte:

  • Alle Menschen, die es betrifft, sollen sich vor Entscheidungen äußern können.
  • Mitarbeiter treffen eigenständige Entscheidungen
  • Fehler offen ansprechen. Führungskräfte müssen (auch in der Kritikfähigkeit) mit gutem Beispiel vorangehen.
  • Ein Mehr an Verantwortung
  • Kompetenzhierarchie („Eine Kompetenzhierarchie stellt sicher, dass immer der- oder diejenige das Sagen hat, der oder die sich auch am besten in einem Thema auskennt und - ganz wichtig – den die Kolleginnen und Kollegen in dieser Rolle sehen.“ (aus: Tasks & Teams: Die neue Formel für bessere Zusammenarbeit von von Bernadette Tillmanns-Estorf, Heinz-Walter Dr. Große)
  • Absichten, Ziele und Vorgehensweise müssen transparenter sein
  • Vertrauen und Transparenz ersetzen permanente Kontrolle

Sophia hat zur Zeit eine Betreuungsgruppe für demenziell Erkrankte, allerdings nur noch an einem Tag, da Frau Christa Schmidt schon länger wegen Krankheit ausgefallen ist. 6-8 Menschen werden in der Zeit von 9.00 – 15.00 Uhr von ehrenamtlichen Betreuer*innen betreut, wovon jeweils eine Stunde Vor- und Nachbereitungszeit abgeht.

Fazit:

Wir fanden den Besuch bei Sophia wieder sehr informativ. Es zeigt sich, dass eine Organisation wie der ambulante Pflegedienst permanent im Wandel ist, man offen bleiben muss für Veränderungen und Anpassungen. Ein Dienst kann immer nur so gut sein, wie die Menschen, die in ihm arbeiten, abhängig von den Leitungspersonen und dem „Geist“, den sie in der Einrichtung walten lassen. Wir werden deshalb auch zukünftig sicher in guter Verbindung und im Austausch bleiben.

Einen runden Abschluss fand unser Besuch bei einem gemeinsamen Mittagessen in einem Biergarten am Ufer des Rheins. Gegen 16.00 Uhr waren wir dann, dank der sicheren und ruhigen Fahrweise von Ute Seibert, wohlbehalten wieder in Saarbrücken gelandet.

R. und B. Kirch, Sbr. 18.10.2018

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(1)„Die integrale Theorie, auch integrales Denken oder integrale Weltsicht genannt, ist keine einheitliche oder präzise Theorie in engeren Sinne, wohl aber eine philosophische Schule bzw. ein Typ von Weltanschauung, deren Vertretern es darum geht, eine umfassende Sicht des Menschen und der Welt, oft auch des Geistigen und Göttlichen ganz allgemein, zu entwickeln, eine Sicht, die natur-, human- und geisteswissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien, prämoderne, moderne und postmoderne, östliche und westliche Weltsichten, sowie wissenschaftliches Denken und spirituelle Einsichten vereint.“ aus Wikipedia zur „Integralen Theorie“